24 Juni 2006

Jeantex-TOUR Transalp 2006

Freitag 08.04.2005
Skiwochenende Lech


Karsten und ich fahren mit Kollegen zu einem Skiwochenende nach Lech. Dort ist das Wetter schlecht, es ist neblig und die Sicht ist bescheiden. Dennoch gehen wir natürlich auf die Bretter, denn hier kennen wir uns aus. Wir fahren hinüber nach Zürs und zu meiner Lieblingsabfahrt Zürser Täli. Karsten ist voraus und ich kurve vorsichtig durch den Nebel. Da, eine Welle und Peng… ich werde ausgehoben und lande unsanft mit der rechten Schulter auf einer Eisplatte. Ich bin benommen und brauche eine Weile bis ich langsam weiterfahren kann. Ich merke mit dem Arm stimmt etwas nicht. Etwas später die Bestätigung des Arztes: Ein Stück Knochen ist mit der Sehne abgesplittert… Krankenhaus.
Der Knochen wird geschraubt und etwas Hoffnung keimt auf, in 4-6 Wochen könnte ich wieder richtig trainieren.

Montag 18.04.2005
Kontrolluntersuchung


Die Katastrophe ist perfekt. Die Schrauben haben nicht gehalten. Ich muß noch mal operiert werden und danach wird der Arm 3 Wochen still gelegt. An Training ist erst nach 3 Monaten zu denken. Meinen Plan dieses Jahr beim Ironman in Kärnten zu starten, muss ich begraben, die Saison ist im Eimer!

Samstag 23.07.2005
Endlich


Ich sitze zum ersten mal wieder auf dem Rennrad. Ich habe mich im Fitnessstudio mit Spinning einigermaßen fit gehalten, aber auf dem Rad zu sitzen ist einfach göttlich. Es werden zwar nur 50 km, weil dann die Schultern anfangen zu verkrampfen, aber es ist ein Anfang. Eigentlich wollte ich nun auch wieder mit dem Lauf- und Schwimmtraining beginnen. Beim Laufen tut der Arm aber schon nach einigen Minuten weh und so breche ich dies immer wieder ab. Schwimmen ist für die Beweglichkeit des Armes gut, aber ich habe einfach keine Kraft im Arm. So trainiere ich fast ausschließlich das Radfahren.

Samstag 10.09.2005
Trainigslager


Radtrainingslager im September, das klingt zwar etwas merkwürdig, aber für mich war diese Woche in Milano Marittima sehr wichtig. Ich konnte testen, wie fit ich wieder geworden bin. Das erstaunliche Ergebnis war, dass mir die Berge viel leichter fielen als gedacht und die Kondition schon wieder gut aufgebaut ist.

Samstag 17.09.2005
Saisonplanung


Da das Trainingslager super geklappt hat, fange ich nun an, die nächste Saison zu planen. Den Ironman lasse ich fallen, denn Laufen und Schwimmen trainiere ich so gut wie nicht. Also bleiben für 2006 nur Radveranstaltungen. Ich liebäugle schon eine ganze Weile mit der Jeantex-Tour-Transalp. Eigentlich bin ich kein wirklicher Bergfahrer, aber das Trainingslager hat gezeigt, dass ich da Fortschritte gemacht habe. Außerdem ist dies nun wirklich eine Herausforderung für mich. Je länger ich darüber nachdenke, desto sicherer bin ich mir:
Ich will 2006 bei der JTT starten und finishen!
Jetzt bleibt noch die Frage des Teampartners. Ich spreche Wolfgang an, aber der will eine so verrückte Sache nicht angehen. Stefan (Panik) ist mit seiner Doktorarbeit beschäftigt und kommt zu wenig zum trainieren. Also überlege ich mir Karsten zu fragen. Dies fällt mir aber gar nicht so leicht. Karsten ist mein bester Freund und ich habe Angst diese Freundschaft aufs Spiel zu setzen. Schließlich konnte gerade er von seinen Freunden dieses Jahr nichts Gutes berichten. So eine 7-tägige Tour hat eben nicht nur körperliche, sondern auch zwischenmenschliche Belastungen. Hinzu kommt auch noch, dass Karsten einfach in einer anderen Liga Rad fährt als ich. Wir können also die Etappen niemals zusammen fahren. Diese Tatsache macht mir nichts aus, aber ich bin nicht sicher, wie er das sieht.
Da ich mir sicher bin bei der JTT zu starten, fasse ich mir dann aber doch ein Herz und frage Karsten, ob er 2006 mit mir zusammen fahren will. Ich sage auch gleich, dass ich nicht erwarte, dass er mit mir die Berge hinauf schleicht und dass wir dies im Vorfeld einfach festlegen müssen. Natürlich kann er nicht sofort etwas dazu sagen. Er hat die gleichen Bedenken wie ich.

Freitag 14.10.2005
Teambildung


Jetzt ist es klar, Karsten und ich fahren die JTT 2006. Unsere Absprache ist, jeder fährt für sich und dennoch bin ich sicher: Wir sind ein gutes Team. Einzig
der Teamname ist noch zu finden…

Dienstag 01.11.2005
Anmeldung


Pünktlich zum Start der Onlineanmeldung sitzen Karsten und ich vor dem Rechner. Die Eingabe der Daten ist schnell erledigt und auch der Teamname steht fest: „Durstige Bergziegen“. Na ja, eine Bergziege beim Radfahren bin ich zwar nicht, aber eine gute Freundin prägte den Namen Bergziege durch den Ausspruch beim Bier trinken: “Du hast einen Zug wie eine Bergziege“. Am Abend sehen wir, schon nachmittags waren alle Onlinestartplätze vergeben. Wahnsinn und gut, dass wir so früh am Rechner waren.

Freitag 18.11.2005
Bestätigung


Die Anmeldebestätigung kommt per Mail, nun gibt es kein Zurück mehr. Manchmal ist mir schon etwas mulmig, wenn ich an die Herausforderung denke. Aber dann mache ich mich einfach ans Training (im Winter Spinning und Laufen) und vertraue vor allem auf meine mentale Stärke mit der ich bisher noch alles geschafft habe, was ich mir wirklich vorgenommen habe.

Samstag 08.042006
Trainingslager


Es geht ins Trainingslager nach Italien, genau ein Jahr nach dem denkwürdigen Sturz. Ein gutes Vorzeichen?! Ich nehme das Training dieses Jahr ernster als in den Vorjahren und versuche vernünftig Form aufzubauen. In der 3. Woche starte ich den ersten echten Formtest, die Strecke des berühmten Radrennens "Nove Colli" mit 222 km und 3725 Höhenmetern. Ich komme super gut über die Strecke, hoffentlich kann ich das weiter ausbauen.

Freitag 09.06.2006
Es kann losgehen


Die Startnummern sind vergeben, Karsten und ich haben die Nummern 308B bzw. 308A. Ich habe zwar immer mal ganz heimlich daran gedacht noch auszusteigen, aber jetzt will ich es wissen! Ich will die 7 Etappen fahren, ohne einmal in den Besenwagen steigen zu müssen. Das ist jetzt meine einzige wenn auch klein gewordene Angst, dass ich bei einer Etappe aus dem Zeitlimit falle. Die einzelnen Etappen schrecken mich nicht mehr, ich habe mit über 5000 km genug trainiert, der Start kann kommen.
Von Felix habe ich noch eine durstige Bergziege gemalt bekommen, die ich nun mit
den Startnummern auf T-Shirts drucken lasse.

Samstag 24.06.2006
Abfahrt nach Oberammergau

Kurz vor 9 Uhr morgens kommt Karsten bei mir vorbei und wir packen Räder, Taschen Helme usw. in den Passat. Wie geplant geht es um 9 Uhr los. Die Fahrt nach Oberammergau verläuft ohne Staus und so kommen wir stressfrei an. Die Akkreditierung ist schnell hinter uns gebracht und mit der Übergabe der Tasche wird mir wirklich klar: Ich bin dabei!
Jetzt packen wir die Taschen um und die Räder auf und ich schaffe es sogar mein zweites warme Trikot- Hosenset in der Tasche unterzubringen. Allerdings sind die 15 kg deutlich überschritten. Karsten beruhigt mich aber, denn ich werde die Tasche in den nächsten Tagen kaum schleppen müssen, da die Helfer die Taschen immer ins Transalp Camp bringen. Na, dann bleibt auch alles in der Tasche denke ich mir.
Am Camp trifft Karsten Kollegen vom X-Tream Team (Jan und Ralf) und holt bei Ihnen schnell noch seine Trikots ab. Dies gibt mir Gelegenheit dem Treiben rundherum zuzuschauen und ich bin einfach nur glücklich dabei zu sein.
Jetzt geht’s noch schnell ins Städtchen, Startbereich anschauen und gemütlich Kuchen essen. Danach ist es auch schon Zeit die Pastaparty zu besuchen und dabei das Fußballspiel Deutschland-Schweden zu sehen. Im Anschluss gibt’s die offizielle Begrüßung und Rudi Altig gibt sich die Ehre. Nach der Streckenvorstellung der 1. Etappe von Uli Stanciu meint Karsten zu mir: Jetzt kennst Du eigentlich schon alles, so läuft das jeden Abend ab.
Nach einem Schlussbier im Ort sind wir gegen 22 Uhr im Camp, das Licht ist schon aus und Ruhe eingekehrt. Ich kuschel mich in meinen Schlafsack auf die Luftmatratze und brauche doch einige Zeit, bis ich Einschlafe.










Sonntag 25.06.2006
Oberammergau-Sölden


Morgengrauen, das Camp erwacht. Ich fühle mich frisch, auch wenn ich nachts mehrfach wach war. Jetzt geht es also los. Zum Frühstück im Nachbarraum gibt es Müsli und Brötchen und ich bekomme trotz Aufregung genug runter. Weiter zum Tasche packen und dann das Rad aus dem Bikeparc holen. Nun rollen Karsten und ich zum Start und sind viel zu früh dran, aber so bleibt Zeit um noch auf’s Klo zu gehen und das nervöse Treiben zu beobachten. Meine eigene Nervosität hält sich in Grenzen. Im Startblock treffen wir das Team „Enchilada“, Thomas und Martin und dann geht’s auch schon los. Karsten und ich wünschen uns noch gegenseitig Glück und dann radelt jeder sein eigenes Rennen.
Auf dem Weg zum Ammersattel ist das Feld noch ziemlich dicht, ich versuche dennoch etwas von der Landschaft zu genießen. Nach wenigen Kilometern treffe ich einen Kollegen von Wolfgang und wir quatschen eine Weile. Emil fährt mit seiner Frau Andrea im Team „Modautal“ und ist schon das dritte mal dabei. Sie fahren diesmal aber jeder auf eigene Rechnung. Das Radfahren läuft fast nebenbei und schon bin ich auf dem Ammersattel und frage mich, wo war eigentlich der Anstieg?
Am Plansee entlang geht es weiter Richtung Hahntennjoch, ich finde eine gute Gruppe und schon folgt der nächste Anstieg. Karsten hatte mich vor dem Hahntennjoch gewarnt, aber für mich heißt es sowieso erstmal nur ankommen und so kurble ich den Berg mit meinem Tempo hoch und lasse einige andere ziehen. Auf der Abfahrt sehe ich einen Unfall mit Hubschraubereinsatz und mir wird ganz anderes. Die engen Kurven nehme ich sehr vorsichtig, Gesundheit geht vor Zeit!
Am Fuße des Berges angekommen, geht es eigentlich nur noch das Ötztal hoch, wenn nicht Uli Stanciu eine kleine Gemeinheit eingebaut hätte. In Roppen geht es noch mal kurz und steil zur 2. Verpflegung hinauf. Dort treffe ich auf das Team „Power-On“, die ich aus dem Tourforum kenne. Wir quatschen ein wenig, ich mach mich dann aber auf die Strecke, da Achim und Falk noch auf ein paar Mitstreiter warten.
Das Ötztal zieht sich ganz schön und ich finde auch leider keine Gruppe mehr. Nur einige vereinzelte Fahrer, die aber nicht wirklich zusammen passen. Ich kämpfe mich durch und komme glücklich im Ziel der 1. Etappe an und dies deutlich vor dem gefürchteten Besenwagen.
Leider kann ich die Freude nicht ganz ausleben, denn ich darf meine ganz leichte Tasche nun doch selbst schleppen. Wir schlafen in Sölden nicht in einer Turnhalle oder ähnlicher Unterbringung, sondern haben Hotelzimmer. Das heißt aber die Taschen selbst zum Bus und dann zum Hotel tragen:Grrrrrrrrrrhhhhhhhhhhhhhh. Karsten liegt schon ausgeruht auf dem Bett, er ist also auch heil ins Ziel gekommen.
Nach Dusche und kurzer Erholung machen wir den Marsch zur Pastaparty und haben dabei Glück nicht von oben noch mal geduscht zu werden. Hoffentlich hält morgen das Wetter, wenn es über das Dach der Tour, das Timmelsjoch geht.






Montag 26.06.2005
Sölden-Brixen


Morgens um 6 Frühstück und dann mit der schweren Tasche runter zur Hauptstrasse, wo der Bus hält und uns zum Start bringt. Eigentlich sollte das etwas entspannter sein, so jedenfalls Karsten’s Aussagen zum Camp. Mal schaun, was uns heute abend erwartet.
Am Start lungern wir herum und treffen Ruben und Sebastién Team „Incognito“, die Karsten schon vom letzten Jahr kennt. Die Warterei nervt ein wenig, aber zum Glück ist es trocken, wenn auch nicht wirklich sonnig und warm.
Um 9 Uhr fällt der Startschuß zur 2. Etappe und schon sehe ich Karsten nicht mehr. Es geht ja auch gleich bergan Richtung Timmelsjoch. Die Strecke kenne ich nur aus der umgekehrten Perspektive vom Ötztaler. Es läuft recht gut, ich kann mich gut auf das stundenlange bergan fahren einstellen. Es gibt zwischendurch eine Erholung, aber dann wird es noch mal richtig steil und es wird auch immer nebliger. Nun bekomme ich auch noch etwas Probleme mit dem Magen, das Frühstück mag nicht bei mir bleiben. Morgen muss ich es mal ohne Müsli probieren denke ich und fahre weiter. An der Strecke werde ich immer wieder mal angefeuert und erhalte die Nachricht, daß ich keine Angst vor Bären haben muss, denn Bruno der Bär ist tot. Eine traurige Nachricht, aber ich fahre weiter. Den Ausblick am Timmelsjoch gibt es mal wieder nicht, denn der Nebel ist dichter geworden. Irgendwann fahre ich mal bei Sonnenschein dort rauf, vielleicht klappt es ja beim Ötzi dieses Jahr.
An der Verpflegung nehme ich eine Banane zu mir, mehr traue ich mich nicht. Außerdem ziehe ich mir Weste und Gonzo an, denn die Abfahrt ist lang und kalt, hier oben fröstle ich schon etwas. Ich genieße aber die Abfahrt und der Magen beruhigt sich, schließlich kommt noch der Jaufenpaß. Ich komme aber erstaunlich gut rauf und eigentlich könnte es jetzt einfach bergab bis Brixen gehen, wenn nicht vorher doch noch ein Abstecher in die Weinberge eingebaut wäre. Ich halte mich ganz gut in einer etwa 10-köpfigen Gruppe und lasse mich am ersten kurzen steilen Anstieg nicht abschütteln. Glücklicherweise hatte ich am Start gehört, dass es danach noch einmal giftig nach oben geht, was aus der Streckenbeschreibung nicht so richtig erkennbar ist. Also trete ich an der zweiten Steigung noch mal richtig in die Pedale und lasse einige Fahrer hinter mir. Das ist ein super Gefühl und die Fahrt hinunter nach Brixen ist einmalig. Immer wieder hat man den Blick über die Weinberge auf den Ort, der in herrlichem Sonnenschein liegt.
Im Ziel mache ich mich gleich auf ins Camp, wo mich Karsten erwartet. Er hat sogar schon meine Luftmatratze aufgeblasen, das ist dann schon ein Vorteil mit einem deutlich stärken Fahrer im Team zu fahren. Nach einiger Verschnaufzeit mit Einnahme eines Proteindrinks (dies war ein guter Tipp von Reni), laufen wir mit Ruben und Sebatién zum Ziel, wo die Pastaparty stattfindet. Sebastién macht noch einen Abstecher zur ärztlichen Versorgung, da er einen Insektenstich oder ähnliches auf dem Kopf hat, der sich entzündet hat. Er geht dann noch mit Ruben zum Krankenhaus, zum Glück stellt es sich heraus, dass es nicht Schlimmes ist. Bei der Pastaparty treffen wir uns mit Thomas und Martin und bekommen dann auch noch die Siegesfeier der Italiener beim Fußball mit. Das Einschlafen im Camp fällt mir dank Ohrstöpsel auch nicht mehr schwer.










Dienstag 27.06.2006
Brixen-St.Vigil


Frühstück im Camp, zum Glück ohne längere Wartezeiten. Wir kommen heute auch nicht zu früh an den Start, es geht alles etwas gemütlicher. Noch schnell die Räder aufpumpen und dann in den Startblock. Mittlerweile ist der Start für mich schon fast Routine und ab geht es erstmal durch die engen Gassen von Brixen. Vor dieser Etappe habe ich ziemlich Respekt, da der gefürchtete Furkelpaß auf dem Programm steht.
Zunächst geht es aber das Würzjoch hoch. Mittlerweile zeigt es sich, dass ich immer wieder die gleichen Teams um mich herum sehe, man kennt sich ein wenig und quatscht auch mal miteinander. Wie Uli Stanciu am Vorabend schon angekündigt hat, hat man bei der Auffahrt zum Würzjoch die ersten Blicke auf die Dolomiten. Dieser Ausblick ist wirklich grandios und gerade die Dolomiten kenne ich ja schon gut. Das Wetter ist herrlich und der Anstieg ist gut zu fahren. Meine Gedanken sind aber immer mal wieder beim Furkelpaß und dann ist er auch schon da, denke ich. Es ist aber noch die Anfahrt mit einigen gemeinen Rampen. Der eigentliche Einstieg kommt etwas später und es ist brütend heiß. Ich bin mal wieder froh nicht mit Trinkflaschen hantieren zu müssen, sondern ohne viel Mühe das Wasser über meinen Trinkrucksack zu mir nehmen zu können. Im unteren Abschnitt haben Zuschauer eine kleine Dusche aufgebaut, die aber nur kurz für Erfrischung sorgte. Glücklicherweise kommen auch schattige Abschnitte, sonst wäre ich sicherlich geplatzt. An vielen Steilstellen überhole ich Fahrer die
anhalten und zum Teil auch wanden. Ich beiße die Zähne aufeinander, denn absteigen will ich um keinen Preis. Endlich ist die Paßhöhe erreicht, wo viele eine Pause machen und verschnaufen. Ich habe Tränen in den Augen und fahre mit Endorphinen pur weiter. Ja, denke ich nur, das hast Du geschafft! In St.Vigil angekommen, bin ich immer noch ziemlich aufgedreht und bemerke die Anstrengung kaum.
Da die Etappe nur gut 90 km lang war, haben wir auch Zeit vor der Pastaparty noch kurz ins Ort zu gehen. Im Zelt bei der Pastaparty halten wir es wegen der Hitze nicht lange aus und so gehen wir mit Thomas und Martin noch ein Bier trinken. Bis hierher ist die Transalp bei mir ja wirklich gut gelaufen und Wolfgang meint am Telefon schon, na jetzt hast Du es ja schon fast in der Tasche. Ich sage aber nur, es sind noch 4 Etappen und wer weiß was noch kommt.










Mittwoch 28.06.2006
St.Vigil-Wolkenstein


Schon in der Nacht werde ich durch Regenprasseln wach und der Morgen war trübe. Das Frühstück gibt’s in einem benachbarten Hotel und den Weg dorthin können wir noch trocken zurücklegen. Dann kommt aber der Regen und so gehen wir nicht gerade mit der besten Laune in unseren Startblock, wo zum Glück der Regen aufhört.
Die heutige Etappe, die Königsetappe, folgt zum Teil dem Dolomitenmarathon und ich kannte schon vorher fast alle Anstiege. Der Weg zum Falzarego ist noch einigermaßen trocken, aber einige Kehren vor der Passhöhe wird es richtig nass. Also kurz anhalten und Regenjacke anziehen. Auf der Abfahrt hört der Regen auf und vor dem Anstieg zum Giau ziehe ich dann die Regenjacke auch wieder aus. Zum Glück, denn nun brennt die Sonne doch wieder ganz gut. Weiter geht’s über den Colle St. Lucia nach Arraba. Den Campolongoansteig habe ich leichter in Erinnerung, aber ich bin ihn vorher auch nie mit Falzarego und Giau in den Beinen gefahren. Kurz hinter der Passhöhe macht es Pffffffffffftttttttt, so ein Mist, das Hinterrad ist platt. Ich habe gerade den Schnellspanner gelöst, als ein Italiener, der gerade von Corvara rauf kommt, anhält und mir den Reifen wechselt. Das war ein echter Service und ich bedauere kein italienisch zu sprechen, denke mein Dank ist aber dennoch angekommen.
Nun noch das Grödnerjoch, ein Anstieg, den ich schon so oft gefahren bin, daß ich jede Kehre kenne. In der Abfahrt nach Wolkenstein wird es noch mal etwas haarig, da viel Autoverkehr auf der Strasse ist. Wir müssen uns schon ziemlich durchmogeln, aber ich denke es sind alle heil im Ziel angekommen. Im Ziel treffe ich auf das Team „Simbert“ mit Gabor und Tobias, die wir durch Ruben und Sebastién kennen gelernt haben und die meist nur etwas schneller als ich im Ziel sind. Also erstmal Brötchen mit Schinken und Käse und viel trinken, eine super Zielverpflegung.
Beim Briefing am Abend hören wir dann von schlechten Wettervorhersagen und ich hoffe nur, dass es nicht so schlimm wird.






Donnerstag 29.06.2006
Wolkenstein-Alleghe


Aufwachen durch Regenprasseln, nicht gerade das, was ich mir gewünscht hatte. Die heutige Etappe geht weiter durch die Dolomiten und bei dem Wetter ist eine Aussicht auf die Marmolada nicht zu denken. Kurz vor Startschuß gehen wir in voller Regenmontur in den Startblock und ich fahre erstmal sehr defensiv die nassen Strassen zum Hotel Miramonti hinauf. Ich komme irgendwie nicht so richtig in Tritt und nachdem mich erstmal Emil vom Team Modautal überholt, zieht wenig später auch seine Frau Andrea an mir vorbei. Das ärgert mich natürlich, denn an den vergangenen Tagen war ich bis auf eine Ausnahme immer besser gewesen und nun ist sie schon am ersten Berg vor mir. Ich kämpfe mich dann weiter durch den Regen hoch zum Sellajoch. Die Abfahrt nach Caprile ist alles andere als angenehm und dann der Anstieg zum Fedaia. Es regnet immer noch in Strömen und ich hoffe so ein wenig, daß die heutige Etappe vielleicht verkürzt wird, denn vom Fedaia kommt man nach Caprile, das unweit vom Zielort Alleghe liegt. Mit solchen Gedanken fahre ich nach Caprile und da wird der Regen weniger und hört kurz darauf ganz auf. An vielen Ecken sieht man Radfahrer, die aufgeben und auf den Besenwagen warten, die Etappe wurde aber nicht verkürzt. Da kommt natürlich mein Ehrgeiz auf, ich halte nur kurz an, um Regenhose und Regenjacke auszuziehen, fahre dann aber weiter.
Es gibt einen kleinen aber mit Höhenmetern ausgestatteten Umweg über den Colle St.Lucia, da die eigentliche Strecke durch Erdrutsch gesperrt ist. Auf dem Weg kommt ein Motorradfahrer vorbei und erzählt, dass noch etwa 30 Fahrer hinter mir sind. Das sind aber nicht mehr viele, meine ich und er erzählt, dass Busse organisiert werden, die die ausgestiegenen Radfahrer aufsammeln sollen. Ich meine, mir geht’s noch gut und ich werde weiterfahren. Also verabschiedet er sich und ich fahre weiter den Staulanza hinauf. Natürlich fängt es wieder an zu regnen und auf der Passhöhe bei der Verpflegung trifft man auch kaum noch andere Fahrer. Jetzt will ich diese Etappe aber auch noch zu Ende fahren und mache mich auf die Abfahrt. Auf halbem Weg, kann ich einem Fahrer noch mit einem Schlauch aushelfen, ansonsten bin ich aber alleine unterwegs. Ein wenig Sorge habe ich, dass der Besenwagen mich doch noch aufliest, aber auf dem Weg den Duran hinauf ist er immer noch nirgends zu sehen. Der Regen wird nun auch weniger und die letzten Kilometer nach Alleghe sind zumindest von oben trocken.
Im Ziel treffe ich Emil, der mich nach seiner Frau Andrea fragt. Eigentlich sollte sie schon da sein, aber irgendwie muss ich sie unterwegs überholt haben. Später höre ich, dass sie am Staulanza aus dem Rennen genommen worden war. Etwa 100 Teilnehmer haben sie Etappe nicht beendet. Da bin ich natürlich noch mal so stolz darauf, mich durchgebisssen zu haben.
In Allgehe muss ich mal wieder die Tasche schleppen, denn Duschen sind nur im Zielbereich und nicht im Camp. Also müssen wir alle nach dieser Etappe auch noch die völlig durchnässten Klamotten einpacken. Im Bus zum Camp in Caprile (da war ich doch heute schon einmal) rufe ich schnell bei Karsten an, denn mittlerweile ist es fast 18 Uhr und er fing auch schon an sich Sorgen zu machen. Glücklicherweise hatte er im Camp auch mein Lager schon wieder vorbereitet und so muss ich nur die nassen Sachen aufhängen und wir können zurück nach Alleghe zum Essen fahren.

Freitag 30.06.2006
Alleghe-Kaltern


Der Morgen begrüßt uns mit Sonnenschein und wir müssen schon früh die Taschen abgeben, da es Frühstück im Startort Alleghe gibt. Mittlerweile ist das Packen aber so geübt, dass mir das schon fast egal ist. Am Start will Karsten noch schnell Pumpen, so stehe ich alleine im Startgetümmel. Er überholt mich auch erst nach den ersten Kilometern, da er sich ganz hinten einreihen musste. Das ist aber auch mal ganz nett.
Heute steht erstmal der San Pellegrino und dann der Karerpaß auf dem Programm. Wir sind jetzt in einer Gegend, die ich noch nicht kenne, aber irgendwie schrecken mich nach den letzten Tagen auch keine Anstiege mehr. Unterwegs treffe ich wie immer das eine oder andere Gesicht und so machen auch die Berge fast Spaß. Auf der Abfahrt vom Karerpaß bin ich alleine, was wegen der ersten Flachstücke schon ärgerlich ist, etwas Windschatten wäre gut gewesen. Dann geht es in Kehren abwärts und da passiert es. Ich fahre eine Rechtskurve und vor mir steht eine Autoschlange. Ich bremse und sehe, dass kein Gegenverkehr kommt und fahre daher langsam links am letzten Auto vorbei. Peng, ich spüre einen Schlag am Hinterrad und schon finde ich mich auf der Straße wieder. Der erste Gedanke, das kann es doch nicht gewesen sein, auf der vorletzten Etappe aussteigen: Nein,Nein, Nein, bitte nicht! Ich rapple mich auf, der Ellenbogen tut tierisch weh und ich weiß im ersten Moment nicht, ob ich weiterfahren will, kann. Da kommt aber auch schon der Unfallverursacher und bringt mich an den rechten Straßenrand, wo schon einige andere Fahrer stehen. Die hatten Glück, durch
meinen Unfall hatten sie frühzeitig das Problem gesehen und konnten rechtzeitig anhalten. Ich besehe mein aufgeschürftes Bein und den blutenden Arm und dann natürlich das Rad. Zum Glück ist am Fahrrad alles in Ordnung und ich reinige die Wunden mit Wasser, denn ausnahmsweise hatte ich eine zusätzliche Trinkflasche, die ich vollständig auf den Wunden entleere. Das Team „Fine Gara“ will schon telefonieren, aber ich meine es geht schon und so fahre ich dann auch bald weiter. Der Unfallgegener begleitet mich auch noch bis zur nächsten Verpflegung, die glücklicherweise nicht mehr weit ist. Dort lasse ich mich von einem Motorradsanitäter verbinden und auch die Schmerzen lassen dann nach. Ich habe dann nur noch das Ziel im Kopf und so ist auch der Coyotenpaß kaum ein Schrecken. Es geht zwar übel rauf, aber ich will nur noch ins Ziel. Mit Kopf schaffe ich einfach alles.
Im Camp bekommt Karsten schon einen Schrecken bei meinem Anblick, aber nach einer Dusche ist klar, dass der Sturz wirklich glimpflich abgegangen war. Der Ellenbogen hat zwar ein schönes Loch, aber die Knochen sind heil und das Bein hat nur richtige Schürfwunden. Ich mache gar keinen Verband mehr drauf und wir gehen zur Pastaparty, wo wir noch das Spiel Deutschland-Argentinien sehen.
Der Sturzverursacher Bernd gibt uns dann auch noch ein Bier aus. Es ist ihm schon sehr peinlich, aber ich meine nur, so was passiert halt und zum Glück konnten wir ja beide weiterfahren. Ein kurzer Besuch bei Monika zur ärztlichen Nachuntersuchung bestätigt, dass ich die Wunden einfach offen lassen soll. Ich bekomme noch ein erste Hilfe Set mit Jod und Verbandsmaterial, das ich aber glücklicherweise doch nicht brauche.






Samstag 01.07.2006
Kaltern-Riva del Garda


Start zur letzten Etappe, eigentlich sollte jetzt nichts mehr schief gehen, aber der gestrige Sturz hat gezeigt, dass das Ziel wirklich erst im Ziel erreicht ist. Zunächst geht es den Mendelpaß hoch und ich befinde mich wie immer im letzten Drittel des Feldes. Alle sind locker drauf und einer packt sogar seine Mundharmonika aus und spielt uns ein Liedchen. Das ist wirklich eine super Stimmung. Leider ist die Strecke schon bald nicht mehr autofrei und kurz vor der Passhöhe wird es eng. Immer wieder schießt mir durch den Kopf, jetzt nur nicht noch mal stürzen. Die Schürfwunden brennen etwas, da es auch wieder sehr heiß ist. Am nächsten Paß überholen mich einige Mixed-Teams, die ich sonst immer hinter mir lassen konnten, aber die Schieberei ist auch so extrem wie zu keiner anderen Etappe. Ich lasse sie also ziehen in dem Bewusstsein, dass ich wirklich alle Etappen alleine gemeistert habe. Besonders stolz bin ich auf das Durchhalten bei der Regenetappe und so fahre ich einfach mein Tempo und schaue auch mal links und rechts in die Landschaft. Auf der Abfahrt nach Riva gibt es auch immer wieder Ausblicke auf das Ziel und ich freue mich auf die Ankunft. Die Zeitnahme ist einige Kilometer vor dem eigentlichen Ziel und dort sehe ich Emil, der auf Andrea wartet um gemeinsam ins Ziel zu rollen. Ich rolle also weiter Richtung Riva und bin sehr aufgeregt endlich den Zielbogen zu sehen. Nach der Durchfahrt fühle ich mich aber sehr alleine. Karsten war natürlich längst angekommen und nicht zu sehen und so stehe ich etwas traurig da, denn ich kann meine Freude mit niemandem teilen. Dies ist die einzige Etappenankunft, wo mir
Karsten richtig fehlt.
Glücklicherweise sehe ich aber kurz darauf Team „Simbert“ (Gabor und Tobias), die vom Team „Incognito“ (Ruben und Sebastién) in Empfang genommen worden waren und so gab es ein großes Hallo, Umarmungen und Glückwünsche und so langsam begreife ich, dass ich mein großes Ziel erreicht hatte. Wir stärken uns im Zielbereich und gehen dann langsam zum Camp, wo ich auch endlich Karsten in die Arme schließen kann. Ich bin unendlich froh, dass er mit mir diese Transalp gefahren ist, auch wenn wir nie gemeinsam gefahren sind. Trotz des großen Leistungsunterschieds waren wir doch ein gutes Team.
Nach dem Duschen bringe ich mein Fahrrad noch zum Laster, damit es für die Rückfahrt verladen wird. Danach geht’s noch an den See in ein Café zu Eis und Bier und auch Ruben, Sebastién, Gabor und Tobias stossen zu uns. Ich genieße den Blick auf den See und eigentlich müsste man jetzt noch eine Woche Urlaub machen. Nach der Pastaparty gibt’s die nicht enden wollende Siegerehrung und endlich habe ich auch mein Finishertrikot übergestreift. Wir feiern noch im Ort bei diversen Bieren und ich brauche lange bis ich in dieser Nacht einschlafen kann.














Sonntag 02.07.2006
Riva del Garda-Oberammergau


Eigentlich fängt der Morgen wie die letzten an, aber es ist doch alles anders. Es geht ruhiger ab und niemand schmeißt sich in ein Radtrikot. Mit viel mehr Zeit können wir frühstücken und dann haben wir immer noch reichlich Zeit bis es mit dem Bus nach Oberammergau geht. Ich treffe noch mal Bernd und wir machen schnell ein „Unfallfoto“. Dann in den Bus und die lange heiße Fahrt zurück. In Oberammergau holen wir die Räder und dann nichts wie heim.
Auf der Fahrt muß ich immer wieder daran denken, dass ich es wirklich geschafft habe und auch mit meiner Zeit bin ich recht zufrieden. Es wird bestimmt nicht meine letzte Teilnahme sein und ich überlege schon, wer wohl mein Teampartner sein könnte. Schön wäre es, mal mit einem etwa gleich starken Partner zu fahren, mal sehen, ob ich jemanden finde. Karsten und ich sind (leider) zu unterschiedlich in der Leistung, denn ansonsten haben wir prima zusammengepasst. Entgegen einiger Bedenken vor dem Start sind wir weiter befreundet und das sogar besser als vorher.






Montag 03.07.2006
Nachtrag


Das Ergebnis ist zwar nebensächlich, denn ich wollte ja einfach nur ankommen.
Hier aber der Vollständigkeit halber das Ergebnis:
Platz 51 von 70 gewerteten Teams in der Mixed-Wertung mit der Gesamtzeit von 48:32:48,7